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  Stand: 10/10/00

Ebstorfer Weltkarte: Forschung zurück         Seite 2/5          weiter

WO... ist die Karte entstanden?

Nach einstimmiger Überzeugung der Forschung ist die Karte Norddeutschland auf der Ebstorfer Weltkarteim Gebiet des heutigen Niedersachsens entstanden. Dafür sprechen zum einen die nordeutschen Endungen der Ortsnamen (Luneborch, Hermannsborch...) zum anderen die bemerkenswert ausgeprägte Detailkenntnis der Region. Deutlich wird dies, wenn man die auf der Ebstorfer Weltkarte eingezeichneten Orte und Flüsse (siehe Kartenausschnitt rechts) in den Maßstab heute uns bekannter Karten einordnet. Der Historiker Armin Wolf ist nach seiner "modernen Übersetzung" von Nordeutschland aus der Ebstorfer Weltkarte (siehe untenstehende Abbildung) zu dem Ergebnis gelangt, daß "sich in der starken Häufung der Orte zwischen Weser und Elbe (zeigt), Karte ansehen welche besondere Bedeutung dieses Gebiet für die Karte hat" (Armin Wolf 1988, S. 82). Bedenkt man, daß aus dem Gebiet zwischen der Weser und dem Rhein kein Fluß verzeichnet ist und in anderen Regionen auf der Ebstorfer Karte erst recht bedeutende Orientierungspunkt fehlen (in England ist nicht einmal die Themse eingezeichnet), wirkt die Aufnahme norddeutscher Flüsse wie der Aller, Bode, Ilmenau, Innerste, Leine und Oker in die Karte umso bemerkenswerter. Über den groben Herkunfsort "Nordeutschland" gibt es also keinen Zweifel.

Weit weniger einig sind sich die Wissenschaftler darüber, wo genau "in Norddeutschland" die Karte entstanden ist. Als mögliche Orte wurden in der Forschung bisher Ebstorf, Lüneburg, Braunschweigund Hildesheim erörtert. Letzteres, von Richard Drögenreit als möglicher Entstehungsort aufgrund seiner Position als Bischofssitz in die Debatte eingebrachte Hildesheim (Richard Drögenreit: 1962, S. 23), das sowohl den nötigen Kenntnisstand von der Welt wie auch die Finanzmitteln für das Zeichnen einer derartigen Karte gahabt hätte, ist jedoch nicht haltbar, bedenkt man, daß der Bischofssitz Hildesheim angesichts der erschlagenden Dichte (und symbolischer Größe) welfischer Besitzungen in keinem vorteilhaften Licht erscheint und ist in seiner Signatur sogar noch kleiner gezeichnet als das - welfische - Goslar.

Denkbarer ist daher eher eine Kartenwerkstatt von welfischem Format  also Lüneburg oder Braunschweig. Beide sind in der Karte mit einer großzügigen Signatur vermerkt, jedoch finden sich u.a. durch Walter Rosien und Horst Appuhn mehr Vertreter für Lüneburg, wo "möglicherweise ein Mönch aus dem Michaeliskloster" (Egon Klemp 1986, S. 183) die künstlerische Gestaltung übernahm. 

Vertreter der "Fundort=Entstehungsort"-Theorie, wie Armin Wolf argumentieren damit, daß die Karte wegen ihres Wertes und ihrer Empfindlichkeit nicht an andere Klöster verliehen wurde, und daß die Tatsache, daß sie in einer Kammer mit Requisiten aus der vorreformatorischen Zeit gefunden wurde, dafür steht, daß die Karte tatsächlich nie ihr "Geburtshaus" verlassen hat. Ein weiteres Indiz für die Theorie mit Ebstorf als Entstehungsort ist die einziges - nach unserem heutigen Verständnis - geographisch richtig wiedergegebene Darstellung des Klosters, im regionalen Dreieck zwischen Lüneburg, Verden und Braunschweig. Dies sowie die detaillierte Berücksichtigung der Umgebung des Klosters läßt annehmen, daß der oder die Kartenmaler die Region sehr gut kannte und  Ihr sehr viel Bedeutung beimaßen. Desweiteren ist Ebstorf überhaupt als eines der wenigen Klöster priveligiert, in der Karte Erwähnung zu finden, ebenso wie die Stätte seines Patrones in der Schweiz, des Hl. Mauritius. Andere Schutzheilige, auch die Lüneburgs (!), fehlen.

Problematisch wird es dann, wenn sich beweisen läßt, daß Ebstorf erst nachträglich in die Karte eingezeichnet worden ist. Zur Zeit finden sich bei den Ergebnissen der Paläographen sowohl Stimmen für eine "fremde" und spätere  Feder als auch Stimmen, die den Vermerk Ebstorf der übrigen Karte zeitlich gleichsetzen.