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  Stand: 25/10/00

Kartographie: Mittelalter          Seite 1/1          weiter
Portolankarten:

Während die großformatigen Weltkarten, die eine starke theologische Bindung aufwiesen, im 13. Jahrhundert ihre Hochzeit hatten, entwickelte sich zeitlich parallel im Mittelmeerraum die Tradition der Portolane. Diese Karten sind Küsten- und Hafenführer, woher sich auch ihr Name herleitet: Das Wort "Porto" bedeutet - mit leichten Abwandlungen - im romanischen Sprachbereich "Hafen".

  1. Skizze des Kartentyps noch ranschaffen
  2. Beschreibung des Kartentyps
  3. Portolan-Karten sind auf Leder (also Tierhäuten) gezeichnete großformatige Karten, die meist gerollt oder in einzelne Atlas-Teile zerlegt vorliegen.

    Sie verzeichnen nüchtern, in sorgfältiger aber karger und auf das Nötigste reduzierter Form den Verlauf der Küstenlinien. In Form von Beschriftungen informieren sie dabei sehr detailliert über die Häfen, Buchten, Klippen, Untiefen, Riffs und alles, was für die sichere Navigation der Schiffe im Küstenbereich von Bedeutung ist.

    Die Beschriftung erfolgte dabei folgendermaßen: Die Namen der Häfen wurden in schwarzer Farbe - nur die Namen der bedeutenden Häfen erschienen in roter Farbe - querab zum Küstenverlauf eingetragen. Auf diese Art und Weise wurde die Küste landeinwärts durch ein breites Band an Beschriftungen hervorgehoben.

    Buchten, Untiefen, etc. werden an entsprechender Stelle verzeichnet. Die Meeresfläche sowie der Raum vor den Küsten wurde freigelassen, damit der jeweilige Benutzer die Karte individuell um Informationen über Gefahren ergänzen konnte.

    Die Orientierung erfolgte anhand eines feinmaschigen Liniennetzes, welches mit Hilfe des Kompasses erstellt wurde, und die einzelnen Orte miteinander verband (Siehe Skizze Portulane, S. 13, Beschreibung bei v d Brincken S. 39 nötig ?).

    Bei der Darstellung bemühte man sich um eine möglichst wirklichkeitsgetreue Wiedergabe der Küsten und exakte Lagebestimmungen. Da man jedoch beim Zeichnen auf Sphärik und Projektion verzichtete, und man sich der Abweichung der Magnetnadel vom Nordpol nicht bewußt war, schlichen sich leichte Fehler und Ungenauigkeiten ein.

    Die Karten sind praxis-bezogen und funktional. Die für die theologisch orientierte Mappae Mundi typische Ostung entfällt und wird durch die Tendenz zur Südung oder Nordung ersetzt, was auf die Nutzung des Kompasses und des Magnetismus oder mit der Form des Mittelmeeres - welches der ursprünglich den Mittelpunkt des kartographischen Interesses der Portolankarten darstellte - zurückgeführt werden kann. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts setzte sich jedoch die Nordung der Karten in der maßgeblichen katalanischen bzw. mallorquinischen Schule durch.

    Für die praktische Nutzung hatte die Orientierung keine große Bedeutung: Die Portolane sind im Prinzip drehbar lesbar und die Beschriftung (Legende) erfolgte einheitlich im unteren Quadranten.

  4. Typische Beispiele für den Kartentyp

  • Portolan aus Pisa
  • Katalanischer Weltatlas von 1375 (LINK)
  • Karten des Petrus Vesconte
  • Karten des Angelino Dulcert

  1. Verbreitung, Quantität und Hochzeit des Kartentyps
  2. Der Ursprung der europäischen Portolankartogaphie liegt in Südeuropa, das dem Mittelmeerraum zugewandt war, und wo die (Küsten-)Schiffahrt schon früh eine relativ hohe Bedeutung und Verbreitung hatte. Dementsprechend erlebte die an den Bedürfnissen der Schiffahrt orientierten Portolankarten in den südeuropäischen Ländern bereits im 13. Jahrhundert eine Blüte.

    Eine breitere qualitative und quantitative Verbreitung fanden die Portolane jedoch erst ab dem Anfang des 14. Jahrhundert, aus dem die ersten - schon sehr weit entwickelten - Karten überliefert sind. Einen wirklichen Aufschwung erfuhren die Portolane jedoch erst mit der Erweiterung des geographischen Horizontes, die durch zahlreiche Missions- und Entdeckungsfahrten in Richtung China, Indien und auch Afrika das Bedürfnis nach praxisorientierten Karten wachsen ließ.

    Erst jetzt, ab dem Beginn des 15. Jahrhunderts, konnten die naturwissenschaftlich und praxisorientierten Portolankarten, die durch die seit 1406 in lateinischer Übersetzung vorliegende "Geographie" des Ptolemäus (LINK röm Kartographie) stark geprägt werden, die theologisch ausgerichteten Mappa Mundi (Weltkarten) aus ihrer führenden Stellung verdrängen, bzw. bei Kombination der Kartentypen eine gleichwertige oder übergeordnete Bedeutung erlangen.

  3. Quellenbasis, Hersteller und Auftraggeber der Karten
  4. Portolankarten entstehen auf der Basis der Erfahrungen und Kenntnisse der antiken und mittelalterlichen Schiffahrer, die z. T. wie im Fall der Peripli (Link Periplus weiter unten) in schriftlicher Form über Gefahren, Untiefen und die Lage einzelner Häfen und Handelsplätze berichteten.

    Die Herstellung der Portolankarten liegt nicht mehr - wie bei den Mappae Mundi (LINK) - in der Hand von Geistlichen, z.B. Mönchen, die in Klöstern die Karten zeichneten und kopierten. Ihren Platz nehmen nun Berufskartographen und Zeichner ein. Diese verfügen meist über eine eigene Werkstatt und erlangen z.T. weltweiten Ruhm und Anerkennung für ihre Karten-(Kunst-)Werke. Ein Beispiel hierfür ist die Familie der Cresques, in deren Werkstatt 1375 der berühmte Katalanische Weltatlas (LINK) geschaffen wurde.

    Auch die Zusammensetzung der Gruppe Auftraggeber der Karten hat sich gewandelt: Statt - wie z. B. bei den Mappae Mundi - Geistlichen und Fürsten sind nun Schiffseigner und andere Personen weltlicher Herkunft die Besteller solcher Küstenkarten, deren vorrangig praxisorientierte Ausrichtung völlig von theologischer Motivation, Zweckbindung und Weltanschauung gelöst ist.

  5. Art und Inhalt der Darstellung
  6. Portolan-Karten sind empirisch-induktive Konstruktionen. D.h. sie bildeten - im Gegensatz zu Universalkartographie - zunächst nur Teilbereiche der Ökumene ab, was meist die Küsten des Mittelmeerraumes waren.

    Sie gaben sehr detailliert Auskunft über alles, was für die sichere Navigation der Schiffe im Küstenbereich von Bedeutung ist (Häfen, Untiefen, etc.) und lieferten eine maßstabsgetreue Abbildung der Verhältnisse sowie relativ exakte topographische Angaben: Die Entfernungen wurden nun gemessen und die Karten enthielten Meilenmesser am Rand.

    Erst allmählich wurden dann weiter Gebiete - auch das Innenland - in die Darstellung einbezogen. Dieses geschah jedoch meist nur skizzenhaft, durch die Einzeichnung wichtiger Flußläufe und Städte sowie die Ausschmückung der freien Räume durch Sagen, Mythen und theologische Themen.

  7. Funktion und Zweck
  8. Portolane sind Küstenführer. Sie dienen der gefahrenfreien Navigation an der Küste sowie dem reibungslosen Einlaufen und Verlassen der Häfen. Die Portolan-Karten sind traditionell zweckgebunden sowie in ihrer Entwicklung und Förderung durch die praktisch Anwendung bestimmt.

  9. Entwicklungslinien (Veränderungen der Charakteristika typintern und im gesamten Kontext)
  10. Der antike Periplus, der u.a. aus dem hellenistischen Bereich bezeugt und erhalten ist und eine Beschreibung von Küsten, Inseln und Ländern mit nautischen Angaben liefert, könnte ein Vorläufer der Küsten- und Seekarten sein. Jedoch ist die Forschungsdebatte über den Ursprung der Portolankarten (Küsten- und Seekarten) nicht eindeutig geklärt. Sicher ist, daß die Küstenkarten in Südeuropa schon früh aufkamen und dort bereits im 13. Jahrhundert eine Blütezeit erlebten, wofür die Karte aus Pisa (LINK), die vor 1291 hergestellt wurde und die älteste erhaltene Portolankarte ist, ein Zeugnis darstellt.

    Das auslösende Moment für die mittelalterliche Portolankartographie ist die Benutzung des Kompasses, die in Westeuropa seit dem Hockmittelalter (ab 1000 n. Chr.) nachzuweisen ist.

    Im Zuge der Etablierung der Portolankarten entwickelten sich - in der Reihenfolge nach Entstehung und Bedeutung geordnet genannt - drei wesentliche Orte der Kartenwerkstätten, nämlich die in Pisa, die in Genua bzw. Mallorca, und die in Venedig. Von den letzten beiden gingen zwei verschiedene Traditionslinien aus, wobei sich die katalanische (mallorquinische) gegenüber der venezianischen Kartographieschule (z. B. vertreten durch Pietro Vesconte (LINK)) durchsetzte - nicht zuletzt auch durch den Erlaß Peter IV. von Aragon des Jahres 1354. Dieser besagte, daß jedes Schiff mindestens zwei Portolankarten mit sich zu führen habe, und hatte eine rege mallorquinische Produktion von "Alltagskarten" zur Folge, die durch die Herstellung einzelner künstlerisch sehr aufwendiger Repräsentationsstücke, wie dem Katalanischen Atlas von 1375 (LINK), flankiert wurde.

    Wichtig ist dabei, daß zu dieser Zeit bereits ein Junktim zwischen den Portulanen und den Weltkarten (Mappae Mundi) bestand: Entweder man fügte nach venezianischem Muster den Portolan-Atlanten eine Mappa Mundi bei, oder man integrierte nach mallorquinischer Tradition die Elemente der Mappae Mundi, in dem man die leeren Landflächen der Portulankarten mit theologisch geprägten Mythen und Themen ausschmückte und von einer durch einen festen Rahmen begrenzten Fläche ausging.

  11. Welches Weltbild wird vermittelt (nur mappa mundi)?

Die Portolankarten verdanken ihre Genese den Bedürfnissen der Küstenschiffahrt und sind in der Regel nüchterne Nutzkarten mit klarem Praxis- und Anwendungsbezug. Sie sind deshalb - abgesehen von Ausnahmen - nicht als Kunstwerke gedacht und sollen weder der theoretischen Allgemeinbildung dienen noch eine theologische Weltsicht vermitteln. Im Laufe der Entwicklung werden die Portulankarten jedoch wieder in die Weltkarten (Mappae Mundi) integriert bzw. jedem Portolan eine Mappa Mundi beigefügt, um das "Defizit" an Vermittlung der christlich geprägten Weltanschauung auszugleichen.